The South – Intermediale Inszenierung zum Verlust eines Zufluchtsortes
Der Soundtrack des Südens, die hellblauen, sonnendurchtränkten Filme und Bilder in unserem Kopf erfahren Dissonanzen und Risse. Denn Menschen flüchten, werden vertrieben – teils aus Regionen, die wir als Touristen bereisen. Aber auch wir erleben eine mentale Vertreibung aus den Paradiesen, die wir uns mühsam über Jahrhunderte, auch mit Hilfe der Künste und unserer Phantasie, geschaffen haben.
Vier Musikerinnen und Musiker sowie eine Visual Designerin konfrontieren das Publikum mit Vertrautheit und Fremdheit, finden ihren musikalischen Weg darin.
Wie eine Folie wirken Texte von Najet Adouani, einer geflüchteten nordafrikanischen Literatin, die in ihrer Lyrik ihre eigene Geschichte, aber auch grundsätzlich die Situation geflüchteter Menschen subtil beschreibt. Nach der tunesischen Revolution in Folge des Arabisch en Frühlings erhielt Adou ani ein Veröffentlichungsverbot. Daraufhin begab sich Adouani ins Exil (ihr zweites), nach Deutschland. Zunächst erhielt sie das Friedl-Dicker-Stipendium des Vereins der Stadt Weimar. Von April 2013 bis April 2016 war Adouani Gast des „Writer’s in Exile“ – Programms des PEN- Zentrums Deutschland.
Das Projekt behandelt auch unsere Haltung zu den Regionen, aus der diese Menschen flüchten. Der Süden, vor Zeiten mentaler Zufluchtsort, Regionen unserer Sehnsüchte, verweigert sich als solcher, trübt sich ein mit Bildern von Angst, Gewalt und Verzweiflung. Die Bilder unserer „Inseln der Glückseligkeit“ bekommen Risse – ihre Schönheit versagt uns zunehmend den Trost, den wir ihnen seit Jahrhunderten entnehmen.
Künstlerisch stehen sich in diesem Projekt Musikstile, aber auch Epochen gegenüber,musikalische Grenzüberschreitungen als Begegnung an einem sicheren Ort, der die Ambivalenz des Begriff „Süden“ neu formuliert.
Katja Zakotnik ist bekannt für unkonventionelle Konzertformen, ihre moderierten Themenkonzerte sind längst zu einem Markenzeichen geworden. Mit ihrer Intensität beim Spiel und der Begeisterung, die sie in den Zuhörerinnen und Zuhörern entfachen kann, verwandelt sie Musik zu einem eindrucksvollen musikalischen Erlebnis.
Jutta Glaser, die hierzulande wohlbekannte Vokalistin, die laut „jazzpodium“, von Babygebrabbel bis vollstem Soul alles mit ihrem Gesang möglich macht, zaubert mit ihrer ausdrucksstarken, manchmal sogar akrobatischen Stimme aus jedem Stück ein unverwechselbares Unikat. In wunderbarer Weise fängt Jutta Glaser Stimmungen wie in einem Klanggemälde ein.
Claus Boesser-Ferrari, der seit vielen Jahren in der ganzen Welt vor allem solistisch unterwegs war, bewahrte sich seine sehr eigenwillige, erzählerische Art Gitarre, zu spielen. Zitat: „Fernab von allen gängigen Wiederholungsformen hat sich hier ein merkwürdiger Erzählstil entwickelt, spannend wie ein Märchen mit unverhofften Wendungen und unsicherem Ausgang“ (Olshausen, FAZ). In flirrenden Klangkaskaden oder raffinierten, percussiven Grooves kommen seine Kompositionen daher.
Wo die Worte aufhören, da beginnt die Musik!
Jutta Glaser und Claus Boesser-Ferrari laden zu einem Abend ein, der sich aus Themen vieler musikalischen Richtungen speist, und zu einem völlig eigenständigen Gebilde zusammen getragen wird. Gerade wegen der Inspiration und Improvisation, sind deshalb auch die Zuhörer ein wichtiger Teil der Szenerie.
